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- publiziert am 9. Oktober 2018
Inhalt
1. Einleitung
Imitatio heroica ist in den Literatur- und Geschichtswissenschaften ein selten, in den Bildwissenschaften sogar ein kaum je verwendeter Begriff.1Der vorliegende Artikel basiert auf dem Beitrag von den Hoff, Ralf / Schreurs-Morét, Anna / Posselt-Kuhli, Christina / Hubert, Hans W. / Heinzer, Felix: „Imitatio heroica – Zur Reichweite eines kulturellen Phänomens“. In: von den Hoff, Ralf / Heinzer, Felix / Hubert, Hans W. / Schreurs-Morét, Anna (Hg.): Imitatio heroica. Heldenangleichung im Bildnis. Würzburg 2015: Ergon, 9-33. Mit seiner deutschen Entsprechung ‚Heldenangleichung‘ oder dem englischen Begriff ‚heroic imitation‘ ist hingegen etwas allgemein Bekanntes bezeichnet, nämlich die Angleichung von Darstellungen oder Praktiken historischer Personen an die Taten, Bilder und Vorstellungen heroischer Figuren. Im vorliegenden Beitrag soll die imitatio heroica anhand einer ihrer bedeutendsten Formen erläutert werden: dem Bildnis. Unter einem Bildnis verstehen wir dabei dasselbe wie unter einem Porträt, nämlich jedwede bildliche Darstellung einer historischen Person, die namentlich oder auf andere Weise erkennbar gemacht ist – ganz gleich ob man sich dazu einer Inschrift bedient oder ob man dies durch eine (wie immer auch nachweisbare) Individualität ihrer Physiognomie, Gestik oder Ikonographie oder sogar eine äußerliche Ähnlichkeit mit dem/der Dargestellten deutlich macht.2Buschor, Ernst: Das Porträt. München 1966: Piper, 7; Fittschen, Klaus (Hg.): Griechische Porträts. Darmstadt 1988: WBG, 4; Brilliant, Richard: Portraiture. London 1991: Reaktion Books, 8; vgl. auch Preimersberger, Rudolf et al. (Hg.): Porträt. Berlin 1999: Reimer, 17-21. – Auf die vielfältigen literarischen und anderen medielan Formen der imitatio heroica kann deshalb hier nicht eingegangen werden; vgl. für die Antike nur: Currie, Bruno: Pindar and the Cult of Heroes. Oxford 2005: Oxford University Press; sowie die folgende Anmerkung.
2. Definition und Explikation
Als ‚imitatio heroica‘ bezeichnen wir eine Referenzsetzung zwischen einer heroischen oder divinen Ausgangsfigur (Objekt, Modell, Präfigurat), die imitiert wird, und einer Zielfigur, welche die Imitation praktiziert oder der sie zugeschrieben wird, sei es im Sinn einer performativen Praxis, das heißt eines konkreten Handelns von Anwesenden, sei es repräsentativ, das heißt in Form medialer Darstellungen der Zielfigur. Mögliche Ausgangsfiguren sind Götter oder menschliche Figuren wie Heroen und andere mythologische Gestalten, insbesondere biblische oder auch andere religiöse oder fiktionale wie historische Figuren, denen außeralltägliche Qualitäten zugeschrieben und die so zu Vorbildern erhoben werden. Erkennbar sind solche Imitationen an bestimmten Formen der Referenzsetzung: Diese kann attributiv, wie durch Kleidung, Schmuck und sonstige Accessoires, physiognomisch, das heißt durch bestimmte körperliche Eigenschaften, namentlich, szenisch oder gestisch-typologisch, also in Form modelltypischer Handlungen, Gesten oder Bildtypen, oder kontextuell, das heißt durch ein modelltypisches Umfeld oder eine für das Modell charakteristische Figurenkonstellation, erfolgen. Diese Formen der imitatio können auch miteinander kombiniert werden, doch bleiben dabei Semantiken und Funktionen zunächst offen. Immer aber sind die Verbindungen zur Ausgangsfigur selektiv, meinen nicht die Gesamtheit aller Eigenschaften des Modells. Und immer bezieht sich die imitatio heroica auf eine zumeist rühmende Heraushebung der Zielfigur; sie kann natürlich in satirischer Absicht auch ins Gegenteil verkehrt werden.
Auf der einen Seite ist also jede imitatio heroica relativ stark determiniert im Hinblick auf die historische Zielfigur, indem sie deren konkreter Präsenz in Bild, Text oder Performanz bedarf. Auf der anderen Seite sind die heroischen Modelle nur an und durch diese Figur vermittelt anwesend. Durch die imitatio heroica erhält damit nicht nur die Heroisierung der Zielfigur, sondern auch die Präsenz des heroischen Modells eine besondere Eindringlichkeit, wird das Heroische gleichsam in der jeweiligen Gegenwart lebendig. So erfahren im Prozess der Imitation auch die Ausgangsfiguren eine Neuformierung; Imitationen lassen sich insofern im Sinne Hans Blumenbergs als Prozesse der ⟶Präfiguration ansehen. (Siehe Abschnitt 4 „Imitatio und Präfiguration“.) Diesseits ihrer konkreten Botschaften und Bedeutungen gelingt es, so kann man sagen, durch die imitatio heroica, dem Vergleich einer historischen Person mit einem heroischen Modell höchste Intensität, dem heroischen Modell aber hohe Präsenz in der jeweiligen Gegenwart zu verleihen.
Die imitatio heroica ermöglicht in der Kombination von Referenzen auf unterschiedliche Ausgangsfiguren und in der Selektion ihrer Qualitäten eine relativ hohe Verdichtung heterogener, unter Umständen relativ unkonkreter allegorischer Aussagen. Die Semantiken der imitatio heroica sind per se unterdeterminiert und relativ offen. Möglicherweise liegt darin ein weiteres Potenzial dieser heraushebenden Repräsentationsform, das den Möglichkeiten des Heroischen selbst, des Helden als einer Kippfigur nahekommt.
3. Zur Begrifflichkeit
Der Begriff ‚imitatio heroica‘ ist ein im antiken Latein nicht bezeugter Neologismus. Er wird in den Literatur- und Geschichtswissenschaften verwendet, und zwar vor allem für die Beschreibung von Phänomenen des 19. und des 20. Jahrhunderts, bei denen es um die reale Praxis der Imitation ‚heldenhaften‘ Verhaltens geht: um Männer und Frauen also, die dem Heroischen zu einer ‚Wiedergeburt‘ verhelfen wollen oder sollen, indem sie heroisch handeln und damit behaupten, sich explizit an heldenhaften Vorbildern zu orientieren, wie beispielsweise im Rekurs auf den Langemarck-Mythos und die ihm folgenden Aufforderungen zum heroischen Handeln in Deutschland seit 1914.3Naumann, Michael: Der Strukturwandel des Heroismus. Vom sakralen zum revolutionären Heldentum. Königstein 1984: Athenaeum, 41-42, 70, 76; Behrenbeck, Sabine: Der Kult um die toten Helden. Nationalsozialistische Mythen, Riten und Symbole 1923 bis 1945. Vierow 1996: SH-Verlag; Borchmeyer, Dieter: Renaissance und Instrumentalisierung des Mythos Richard Wagner und die Folgen. In: Friedländer, Saul / Rüsen, Jörn (Hg.): Richard Wagner im Dritten Reich. Ein Schloss Elmau-Symposion. München 2000: Beck, 59-91, hier 59; Satjukow, Silke: Sozialistische Helden. Eine Kulturgeschichte von Propagandafiguren in Osteuropa und der DDR. Berlin 2002: Links, 42; Schilling, René: „Kriegshelden“. Deutungsmuster heroischer Männlichkeit in Deutschland 1813–1945. Paderborn 2002: Schöningh, 101, 121; Telesko, Werner: Erlösermythen in Kunst und Politik zwischen christlicher Tradition und Moderne. Wien 2004: Böhlau, 148; Marwyck, Mareen van: Gewalt und Anmut. Weiblicher Heroismus in der Literatur und Ästhetik um 1800. Bielefeld 2010: Transcript, 265; Esposito, Fernando: Mythische Moderne. Aviatik, Faschismus und die Sehnsucht nach Ordnung in Deutschland und Italien. München 2011: Oldenbourg, 206; Weinrich, Arndt: Der Weltkrieg als Erzieher. Jugend zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus. Essen 2012: Klartext, 197. Der Begriff ,heroic imitation‘ ist im Englischen indes durchaus geläufig. Den Kulturwissenschaften indes fehlt ein umfassender Begriff, der solche Bezugnahmen – und dies auch in früheren Epochen und zudem nicht nur in der performativen Praxis, sondern auch in anderen Formen der Repräsentation – auf Modelle bezeichnet, die als heroisch, deren Aufnahme und Nachahmung vor allem auch in der visuellen Kultur als heroisierend angesehen werden.
In regem Umlauf hingegen ist gerade in den Bildwissenschaften eine Vielzahl von Begriffen, die diesem Phänomen zuzuordnende Einzelerscheinungen bezeichnen. Der Terminus ,theomorphes Bildnis‘, als dessen Pendant man den – im Bereich englischsprachiger Comics bereits gängigen – Begriff ,heromorphes Bildnis‘ bilden könnte, beschreibt dabei die äußere Form der Darstellung einer bestimmten Person: ihr götter- oder heroengleich stilisiertes Äußeres, sei es durch Attribute, sei es durch signifikante andere Züge des Götter- bzw. Heroenbildes.4Chapeaurouge, Donat de: „Theomorphe Porträts der Neuzeit“. In: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Zeitgeschichte 42 (1968), 262-302; Bergmann, Marianne: Die Strahlen der Herrscher. Mainz 1998: von Zabern, 18. Diese Begriffe benennen das Phänomen relativ neutral und deskriptiv. Andere Ansprachen – und dies sind die zumeist verwendeten – verweisen explizit bereits auf die je postulierte Semantik des Phänomens. Das ‚allegorische Bildnis‘ meint ein Porträt, das über Hinweise auf Person, Amt oder andere realhistorische Aspekte hinaus weitere, abstrakter formulierte Aussagen über den/die Dargestellte/n macht, wobei man sich aber nicht zwingend heroischer oder diviner Figuren bzw. Attribute bedient.5Wind, Edgar: „Studies in Allegorical Portraiture“. In: Journal of the Warburg Institute 1 (1937/38), 138-162; Wind, Edgar: Hume and the Heroic Portrait. Studies in Eighteenth-Century Imagery. Oxford 1986: Clarendon; Walbe, Brigitte: Studien zur Entwicklung des allegorischen Porträts in Frankreich von seinen Anfängen bis zur Regierungszeit König Heinrichs II. Frankfurt am Main, Univ. Diss., 1974. Diese Darstellungsform wurde bereits seit dem 18. Jahrhundert als ‚portrait historié‘ bezeichnet.6Kiss, Imola: „Considérations sur le portrait historié“. In: Elsig, Frédéric et al. (Hg.): „Les genres picturaux“. Genève 2010, 103-134, hier 103-104; Polleroß, Friedrich: Das sakrale Identifikationsporträt. Worms 1988: Wernersche Verlagsgesellschaft, 1-2. Vgl. die Verwendung des Begriffs schon um 1700: Ahrens, Kirsten: Hyacinthe Rigauds Staatsporträt Ludwigs XIV. Typologische und ikonologische Untersuchung zur politischen Aussage des Bildnisses von 1701. Worms 1990: Werner, 15. Mit diesem französischen Begriff hob man zudem die Erzählsituation hervor, in die ein Bildnis durch derlei figürliches oder attributives Beiwerk implizit gebracht wurde. Beide Begriffe gehen über eine Deskription insofern hinaus, als sie zwischen dem nicht näher definierten Bildnis der Person und seinen ‚allegorischen‘ bzw. narrativen Aussagen eine Trennlinie ziehen, die oft schwer auszumachen ist. Für die Darstellung historischer Personen mit heroischen oder divinen Attributen oder/und in ebensolchem Habitus wird auch der Begriff ‚Idealporträt‘ gebraucht.7Dies vor allem für die Antike als ‚statuarisches Idealporträt‘, wobei der Bezug auf das Medium Statue für das Phänomen selbst irrelevant ist, da es ebenso in gemalter Form oder in Büsten auftaucht, vgl. Niemeyer, Hans Georg: Studien zur statuarischen Darstellung der römischen Kaiser. Berlin 1968: Mann, 11, 54-55; Maderna, Caterina: Iuppiter, Diomedes und Merkur als Vorbilder für römische Bildnisstatuen. Untersuchungen zum römischen statuarischen Idealporträt. Heidelberg 1988: Verlag Archäologie und Geschichte, 15-16. Dies postuliert eine prinzipielle Differenz zwischen Porträt und Ideal, suggeriert eine Idealisierung, was offenbar eine grundsätzliche Überhöhung meinen soll.8Vgl. zu einem differenzierteren Begriff des Ideals aber Hölscher, Tonio: Ideal und Wirklichkeit in den Bildnissen Alexanders des Großen. Heidelberg 1971: Winter. Noch weiter in diese Richtung geht der Terminus ‚Bildnisapotheose‘, was eine durch divine bzw. heroische Züge erreichte Erhebung der/des Dargestellten in eine übermenschlich-göttliche Sphäre postuliert, die aber in der Repräsentation zunächst nur als visuelle angedeutet, nicht aber als tatsächlich religiöser Vorgang auch gemeint sein muss.9Wrede, Henning: Consecratio in formam deorum. Vergöttlichte Privatpersonen in der römischen Kaiserzeit. Mainz 1981: von Zabern, besonders 1-9. Eine Erhebung zu den Göttern ist nicht zwingend dargestellt. Das ‚Identifikationsporträt‘ hingegen suggeriert zwar nicht Erhebung, ist aber auch nicht schlichte Deskription des Phänomens, indem eine Identifikation von dargestellter Person mit einem heroischen oder divinen Modell etwa durch Attribute oder Beifiguren postuliert wird. Diese Identifikation wird durch Tugend-, das heißt Qualitäts-, durch Namens- oder Ereignisanalogie aufgebaut.10Polleroß, Friedrich: „Die Anfänge des Identifikationsporträts im höfischen und städtischen Bereich“. In: Frühneuzeit-Info 4 (1993), 17-36, hier 17; Walbe: Studien zur Entwicklung des allegorischen Porträts in Frankreich, 1974, 95; vgl. Telesko, Werner: Geschichtsraum Österreich. Die Habsburger und ihre Geschichte in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts. Wien 2006: Böhlau, 80-83. Doch ist dem Bild nicht anzusehen, ob Analogie oder Identifikation gemeint ist, was ja nicht dasselbe ist: Herkules zu werden, ist nicht dasselbe wie Züge mit Herkules gemeinsam zu haben, was Analogie meint. Der Terminus ‚Kostümbildnis‘ hebt im Gegensatz dazu nicht Identität, sondern Distanz zwischen Dargestelltem und Modell hervor, beschreibt die Repräsentation als ‚Verkleidung‘. Gleichsam in der Umkehrung dessen behauptet das ‚Kryptoporträt‘ oder ‚versteckte Porträt‘ – dessen Existenz bereits in der Antike postuliert wurde11Ladner, Gerhart: „Die Anfänge des Kryptoporträts“. In: Deuchler, Florens et al. (Hg.): „Von Angesicht zu Angesicht. Porträtstudien“. Bern 1983: Stämpfli 78-97; Polleroß: Das sakrale Identifikationsporträt, 1988, 6. Zur Antike siehe Preisshofen, Friedrich: „Phidias-Daedalus auf dem Schild der Athena Parthenos? Ampelius 8, 10“. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 89 (1974), 50-69. – schließlich die nicht zur Schau gestellte, sondern ‚versteckende‘ Negation der Referenz auf den Porträtierten, dem Züge (welcher Art auch immer) einer heroischen oder divinen Figur gegeben wurden, so dass die Erkennbarkeit als Porträt nicht selten der Assoziation des Betrachters überlassen wird, der Porträtcharakter nicht mehr sichtbar ist. Der Übergang zu allegorischen Bildern ohne Bildnischarakter ist dabei aufgelöst.
Alle Begriffe beschreiben durchaus richtig bestimmte Komponenten des Phänomens der Helden- und Götterangleichung, umfassen sie indes jeweils nicht in ihrer Gesamtheit. Der fehlenden Systematik und mangelnden Konsistenz gilt es zunächst Herr zu werden. Versucht man dies, so zeigt sich, dass es in allen genannten Fällen um eine Referenz geht, die visuell zwischen einer dargestellten historischen Person und einer heroischen, divinen oder sonst außeralltäglichen Modellfigur hergestellt wird. Die historische Person können wir dabei als Zielfigur der imitatio, das als vorbildhaft behauptete Modell als Ausgangsfigur oder Präfigurat bezeichnen.12Blumenberg, Hans: Präfiguration. Arbeit am politischen Mythos. Berlin 2014: Suhrkamp. Vgl. ausführlicher Abschnitt 4 „Imitatio und Präfiguration“. Aussage, Botschaft und Wirkung dieser Referenz sind aber nicht in allen Fällen identisch. Deshalb erscheint es sinnvoll, einen gemeinsamen Oberbegriff zu finden, dessen Reichweite sämtliche Referenzformen und betroffenen Epochen umfasst und der nicht von der Interpretation der Referenz ausgeht. So lassen sich disziplinäre Grenzen überbrücken, ohne sogleich eine epochen- und medienübergreifende Semantik des Phänomens zu postulieren.
Dazu bietet das Konzept der imitatio eine geeignete Grundlage. Es bezeichnet eine geläufige Form der Referenzproduktion in der kulturellen Praxis seit der Antike, sei es in der Poetik oder Rhetorik, so beispielsweise als ‚imitatio auctorum‘ bzw. ‚veterum‘ (Nachahmung von altvorderen Autoren)13Kaminski, Nicola: „Imitatio“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 4. Tübingen 1998: Niemeyer, Sp. 235-285. Vgl. auch Rombach, Ursula (Hg.): „Imitatio“ als Transformation. Theorie und Praxis der Antikennachahmung in der Frühen Neuzeit. Petersberg 2012: Imhof. Siehe jetzt: Conte, Gian Biagio: Stealing the Club from Hercules. On Imitation in Latin Poetry. Berlin 2017: de Gruyter. oder als ‚imitatio naturae‘ (im Verbund mit der Mimesistheorie der Kunst).14Vgl. Jørgensen, Sven-Aage: „Nachahmung der Natur“. In: Ritter, Joachim / Gründer, Karlfried, (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 6. Basel 1984: Schwabe, 337-341; Petersen, Jürgen H.: Mimesis – Imitatio – Nachahmung. Eine Geschichte der europäischen Poetik. München 2000: Fink. In der Tugendlehre meint die ‚imitatio morum‘ das Prinzip moralischer Heraushebung durch die Nachahmung tugendhaften Verhaltens bestimmter vorbildlicher Modelle.15Rentiis, Dina de: „Imitatio morum“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 4. Tübingen 1998: Niemeyer, Sp. 285-303. Der Begriff wurde vor allem geprägt durch die neutestamentlich fundierte und in der christlichen Spätantike bereits entfaltete Vorstellung der imitatio Christi. Diese schließt an pagane (griechische) wie jüdische Konzepte der imitatio Dei an und transformiert sie zugleich signifikant, indem anstelle eines Verhältnisses von abbildhafter Angleichung an ein transzendentes Urbild die Perspektive existenzieller Nachahmung als Nachfolge einer gott-menschlichen Vorbildfigur gesetzt wird.16Vgl. Crouzel, Henri: „L’imitation et la ‚suite‘ de Dieu et du Christ dans les premiers siècles chrétiens ainsi que leurs sources gréco-romaines et hébraïques“. In: Jahrbuch für Antike und Christentum 21 (1978), 7-41; Rentiis, Dina de: Die Zeit der Nachfolge. Zur Interdependenz von ‚imitatio Christi‘ und ‚imitatio auctorum‘ im 12. bis 16. Jh. Tübingen 1996: Niemeyer; Crouzel, Henri / Mühlenkamp, Christina: „Nachahmung (Gottes)“. In: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 25. Stuttgart 2013: Hiersemann, Sp. 525-565, zur christlichen Tradition besonders Sp. 541-563; sowie jetzt Taveirne, Maarten: „Das Martyrium als imitatio Christi. Die literarische Gestaltung der spätantiken Martyrerakten und -passionen nach der Passion Christi“. In: Zeitschrift für Antikes Christentum 18 (2014), 167-203 mit weiteren Verweisen.
Indem in allen diesen Fällen das Modell, an dem sich die Nachahmung orientiert, im Genitiv genannt wird, bringen sie eine unmittelbare Referenz auf dieses Modell zum Ausdruck: Sie fokussieren damit auf die Ausgangsfigur. Die Frage indes, auf welches Modell genau sich die imitationes beziehen, ist beispielsweise im Falle allegorischer Bildnisse oder Idealporträts offen, während im theo-(bzw. hero-)morphen Bildnis die Form der Referenz hervorgehoben, im Identifikationsporträt das Ergebnis des Referenzbezuges in den Vordergrund gerückt ist. Insgesamt aber geht es in jedem Fall um den Charakter der Referenz, ihr Ergebnis, wie beispielsweise eine auszeichnende Qualitätsbeschreibung, Heraushebung oder Divinisierung usw. Aus diesem Grund erscheint die Bezeichnung der imitatio selbst als heroica, das heißt als heroisierend, passend: Gemeint sind damit also sämtliche Formen der Repräsentation, und das heißt auch der nicht visuellen Darstellung und des performativen Auftretens historischer Personen oder deren Repräsentanten, die eine Referenz herstellen zu Vorstellungen von als heroisch angesehenen Figuren, indem sie diese selbst oder Teilaspekte dieser Ausgangsfiguren aufnehmen oder imitieren und auf die historische Person als Zielfigur applizieren. Ein analoger Begriff wäre ‚imitatio divina‘, der bereits in der Spätantike verwendet wurde.17So in Ambrosius’ Hexameron 6, 7, 43 (C. Schenkl (Hg.), Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, Bd. 32, 1. Wien 1896, 234; vgl. auch Siebigs, Gereon: Kaiser Leo I. Das oströmische Reich in den ersten drei Jahren seiner Regierung (457–460 n. Chr.). Berlin 2010: de Gruyter, 395, Anm. 119 (Hinweise P. Eich). Für die Bezeichnung des Phänomens wird damit das Ergebnis der Heraushebung, nämlich ihr (wie immer gearteter) heroisierender Effekt, ins Zentrum gestellt, weniger die Ausgangsfigur, die imitiert wird, oder die Form der Referenz. Es geht uns um diese ⟶Heroisierungsvorgänge und ihre Folgen, welche die Semantik und Funktionen des Heroischen für die Zielfigur erst konstituieren.
Diese die Diskussion weitende Perspektivierung hat gleichwohl einen Nachteil: Sie ist analytisch von eher geringem Wert. Mit dem Begriff eröffnet sich keine Erklärung des Phänomens, im Gegenteil: Zunächst verschwimmt es wieder, da unser Terminus weder Formen noch Praktiken oder Semantiken der imitationes präzisiert, geschweige denn erklärt. Allerdings bezieht sich der umfassende Begriff der imitatio heroica eben nicht nur auf Bildwerke, sondern dort, wo er in der Forschung bereits Anwendung findet, auch auf die performative Praxis und auf die textliche Repräsentation; der Begriff hat also aufschließende und integrative Funktion. Und in Anbetracht einer deskriptiv derart großen Reichweite werden die eigentlichen Aufgaben umso klarer: Erst in der möglichst präzisen Differenzierung unterschiedlicher Formen und Praktiken der imitatio heroica wird man ihren Funktionen und Semantiken näherkommen. Der geweitete Blick im Verbund mit einer neuen Differenzierung muss zu einer kritischen Neubewertung der bisher unsystematisch zur Beschreibung von Formen der imitatio heroica verwendeten Begriffe führen.
4. Imitatio und Präfiguration
Im Begriff der imitatio heroica steht die auszeichnende Funktion der Angleichung für die Zielfigur, auf die sie angewandt wird oder die sie für sich anwendet, im Vordergrund des Interesses. Das Phänomen hat aber noch eine andere Seite. Hans Blumenberg hat dies in „Arbeit am Mythos“ 1979 ausgeführt. Die „Selbstbeziehung“ einer historischen Person auf eine als ‚Held‘ bezeichnete Figur hält er für einen wichtigen Bestandteil bis in die Moderne lebendiger mythischer Denkformen. Als Beispiel dient ihm der Napoleonbezug Goethes. In ihm ist „Goethe selbst immer der Bezugspunkt, offen oder verdeckt, wenn er von Napoleon spricht“.18Blumenberg, Hans: Arbeit am Mythos. Frankfurt am Main 1979: Suhrkamp, 504-566 (Hinweis A. Aurnhammer). Napoleon wird zudem mit der antiken Figur des Prometheus, die dichterisch zugleich auch ein Geschöpf Goethes ist, überblendet. Entwürfe zur weiterführenden Verdeutlichung dieses Phänomens im Sinne einer politischen Instrumentalisierung des Mythos im Nationalsozialismus und durch Hitler hat Blumenberg damals nicht in sein Buch aufgenommen. Sie wurden postum erst 2014 unter dem Titel „Präfiguration. Arbeit am politischen Mythos“ veröffentlicht. Damit war ein neuer Begriff für die Bezugnahme auf heroische Vorbilder eingeführt. Blumenberg legt dort dar, dass mit dem „Akt der Wiederholung eines Präfigurats“, so bezeichnet er das imitierte Vorbild, „die Erwartung der Herstellung eines [diesem] identischen Effekts verbunden ist“.19Blumenberg: Präfiguration, 2014, 9, 11. Vor allem aber macht er deutlich, dass die „Vorgabe […] zur Präfiguration nicht geboren ist, sondern gemacht wird, […] sobald das Erfüllende das Erfüllte erkennen läßt […] [D]as Wiederholte [wird] erst durch Wiederholung […] zum mythischen Programm“.20Blumenberg: Präfiguration, 2014, 11. Die „Arbeit am Mythos“ liegt mithin bei der imitatio heroica – versteht man sie als Präfiguration – darin, dass das Präfigurat als Ausgangsfigur erst im Prozess der Präfiguration seine Bedeutung erhält. Es existiert nicht als feste und umfänglich unveränderliche Größe, sondern erfährt in seiner angeblichen Imitation selbst erst Gestaltung und Bedeutungszuschreibung. Auch die Ausgangsfigur wird durch jede Imitation transformiert. Sie wird als Präfigurat ja mehr behauptet als bewiesen. Im Blick Goethes auf Napoleon als Vorbild wird Napoleon eine neue Figur, im Blick Hitlers und Goebbels’ auf Friedrich den Großen wird die Vorstellung von diesem transformiert, wie Blumenberg darlegt. So stellt sich die imitierende Zielfigur als „Vollstrecker eines geschichtlichen Rechts“ dar.21Blumenberg: Präfiguration, 2014, 15. Die Präfiguration wird zu einem Instrument legitimierender Rhetorik. Sie erhält dabei geradezu magischen Charakter als angebliche Vollendung einer Vorsehung oder Wiedergängerschaft22Blumenberg: Präfiguration, 2014, 1, 17., die zugleich prospektiv als Verheißung für eine andernfalls als unsicher erachtete Zukunft gesetzt wird. Sie verleiht vor allem „einer Entscheidung, die von äußerster Kontingenz, also Unbegründbarkeit sein mag, Legitimität“23Blumenberg: Präfiguration, 2014, 10., sie ist ein „singuläres Instrument der Rechtfertigung in schwach begründeten Handlungssituationen“, rückt Personen und Handlungen „in die Zone der Fraglosigkeit“, denn „was schon einmal getan worden ist, bedarf […] nicht erneuter Überlegung“.24Blumenberg: Präfiguration, 2014, 14, 15, 9. Indem die Präfiguration insofern als rhetorische Technik in Krisen Sicherheit zu schaffen vermag, indem sie Letztbegründungen zu liefern vorgibt, Argumenten und Kritik die Geltung verweigert, ähnelt sie sozialen Symbolisierungen, zu denen auch Heroisierungen zu rechnen sind, denn für das Heroische gilt Ähnliches.25Vgl. dazu Langbein, Birte: „Die instrumentelle und die symbolische Dimension der Institutionen bei Arnold Gehlen“. In: Göhler, Gerhard (Hg.): Institution – Macht – Repräsentation. Wofür politische Institutionen stehen und wie sie wirken. Baden-Baden 1997: Nomos, 143-176, hier 158, 161-163; Soeffner, Hans-Georg: Auslegung des Alltags – Der Alltag der Auslegung. Zur wissenssoziologischen Konzeption einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik. Konstanz 2004: UVK, 163; sowie im Rahmen des Forschungskonzepts des SFB 948: von den Hoff, Ralf et al.: Helden – Heroisierungen – Heroismen. Transformationen und Konjunkturen von der Antike bis zur Moderne. Konzeptionelle Ausgangspunkte des Sonderforschungsbereichs 948. In: helden. heroes. héros. E-Journal zu Kulturen des Heroischen 1.1, 2013, 7-14, hier 10. DOI: 10.6094/helden.heroes.heros./2013/01/03; Asch, Roland G.: „Heros, Friedensstifter oder Märtyrer? Optionen und Grenzen heroischen Herrschertums in England, ca. 1603–1660“. In: Wrede, Martin (Hg.): Die Inszenierung der heroischen Monarchie. Frühneuzeitliches Königtum zwischen ritterlichem Erbe und militärischer Herausforderung. München 2014: Oldenbourg, 196-215, hier 200-202. Damit sind zugleich politisch-soziale Funktionen von Präfigurationen angesprochen.
Wir werden in den Überlegungen Blumenbergs mithin eine Bestätigung sehen können für eine eher weite begriffliche Fassung von Heldenangleichungen als imitationes heroicae und damit für die Übernahme einer der Rhetorik entnommenen Terminologie und Technik. Zugleich müssen wir aber im Anschluss an Blumenberg vor allem im Blick behalten, dass solche Imitationen immer Prozesse sind, in denen nicht nur der Zielfigur der Angleichung heroische Bedeutung zugeschrieben, sondern auch das heroische Modell selbst je neu figuriert wird, und dass sie konkrete politische Funktionen zu erfüllen haben, die es zu erklären gilt.
5. Fallbeispiel: Jehan-Georges Viberts „Im Bild des Kaisers“
Anhand eines Gemäldes des späten 19. Jahrhunderts sollen exemplarisch die grundsätzlichen Fragestellungen konkretisiert werden, die sich im Phänomen der Bildnisangleichung – in Bild und Performanz zugleich – eröffnen.
Der französische Salonmaler Jehan-Georges Vibert (1840–1902) schuf in den Jahren zwischen 1866 und 1899 – zumeist erst nach 1871 – in Paris eine größere Zahl von Ölgemälden, die sich kritisch und satirisch mit dem Habitus des französischen Klerus beschäftigten, oftmals in historisierendem Blick auf die Epoche des Ersten Kaiserreiches.26Zu Vibert, Jehan Georges vgl. Morton, F. W.: „An Appreciation of Jehan Georges Vibert“. In: Brush and Pencil 10 (1902), 321-329; Bénézit, E.: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs, Bd. 8. Paris 1955: Gründ, 553-554; sowie als Selbstzeugnisse: Vibert, Jehan Georges: „Autobiography“. In: The Century Magazine (1895), 78-81 und die dort 1896 folgenden Beiträge zu seinen Bildern. Zu diesen Bildern gehört auch das 1975 bei Sotheby’s in New York versteigerte Gemälde „Im Bild des Kaisers“ (Abb. 1).27Öl auf Leinwand, 45 × 35 cm: 19th Century European Painting, Sotheby – Parke-Bernett Auction Catalogue, New York, 4 June 1975, Nr. 202; Brilliant, Portraiture, 83-95, Abb. 33; Pollini, J.: Rezension zu: Boschung, Dietrich: „Die Bildnisse des Augustus“. Berlin 1993. In: The Art Bulletin 81 (1999), 723-733, Abb. 14. Der gegenwärtige Aufbewahrungsort des Gemäldes ließ sich nicht ermitteln. Es zeigt das Interieur eines Ankleidezimmers. Hinten links steht an der Wand ein Toilette-Tisch mit Parfumflakons. Vorne links liegen Dreispitz und Handschuhe griffbereit zum Aufbruch auf einem runden Tischchen. Im Bildhintergrund rechts hängt über einer Kommode mit einer Empirevase ein goldgerahmtes Brustbild Napoleons I. in Uniform und mit der typischen Haltung der rechten Hand im Rock. Die Hauptfigur des Bildes steht in der Mitte: Leicht nach links gewendet sieht man einen annähernd ausgehfertigen Kleriker in Lackschuhen und purpurner Robe. Vor ihm steht an der linken Seitenwand des Zimmers eine Bronzebüste Napoleons I. in Generalsuniform, eine der in vielen Repliken verbreiteten Büsten des Kaisers. Der Kleriker hält einen Handspiegel in der linken und eine Haarbürste in der rechten Hand. Sein Blick ist fest auf die Napoleonbüste gerichtet. Mit der Haarbürste versucht er, sein Stirnhaar so zu frisieren, wie es die Kaiserbüste zeigt. Im Spiegel will er dies kontrollieren. Kompositorisch findet sich sein Kopf in der Mitte zwischen demjenigen der Büste links und demjenigen des Napoleongemäldes rechts und etwa auf derselben Höhe mit diesen. Auch so wird Nähe und Vergleichbarkeit zwischen Kleriker und Kaiser hergestellt. Indem der Kirchenmann im Dreiviertelprofil gegeben ist und damit genauso wie Napoleon in dem Gemälde, kann der Betrachter den Grad der Frisurähnlichkeit zudem unmittelbar prüfen. Gezeigt ist also ein Vorgang praktischer Bildnisangleichung, und zwar der Imitation einer bildlichen Repräsentation einer heroisch überhöhten Figur durch ein Mitglied des Klerus, kurz bevor sich dieses in die Öffentlichkeit begibt.28Zu Heroisierungen Napoleons vgl.: Marquart, Benjamin: „Held und Nation. Französische Napoleon-Biografien zwischen Restauration und zweitem Kaiserreich“. In: helden. heroes. héros. E-Journal zu Kulturen des Heroischen 1.1, 2013, 15-26, DOI: 10.6094/helden.heroes.heros./2013/01/04.
Was hier faktisch geschieht, ist so klar, wie die Zielsetzung des gezeigten Vorgangs offen ist. Welches Interesse verfolgt der Imitator Napoleons, welche Semantik ist mit seiner imitatio heroica verbunden – und welche Semantik gab der Maler dem Gezeigten? Sicher ist: Der Priester ist im Aufbruch begriffen, möchte sich also öffentlich zeigen. Dies ist wohl der Grund für seine sorgfältige Nachahmung des verstorbenen Kaisers. Was er damit aber meint, auf diese Frage sind mehrere Antworten möglich:
(1) Der Kleriker möchte sich selbst als neuer Napoleon stilisieren. Er konkretisiert damit geläufige Techniken einer retrospektiven Legitimation, wie sie in anderen Formen beispielsweise Napoleon III. in Frankreich praktizierte.29Ménager, Bernard: Les Napoléon du peuple. Paris 1988: Aubier; Kopp, Pierre-Guillaume: Die Bonapartes. Französische Cäsaren in Politik und Kunst. München 2013: Fink. (Hinweise B. Marquart.) Er verbindet mit der Frisurähnlichkeit den Anspruch auf Macht und Einfluss des Imitierten, auf ‚kaiserlichen‘ Status. Indes weist seine Tracht ihn nicht als Politiker oder Militär aus, als welcher Napoleon in den sichtbaren Bildnissen kenntlich gemacht ist. In diesen Feldern wird es ihm also nicht um eine napoleongleiche Rolle gehen können. Er ist ja unzweideutig ein Kirchenmann. Die Imitation ist dann entweder völlig überzogen – ein Kleriker vermag Napoleon I. kaum zu erreichen oder sogar zu übertreffen – oder sie bezieht sich nicht auf den ganzen Napoleon und auch nicht auf dessen zweimal gezeigte Rolle als Soldat und Kaiser, sondern lediglich auf seinen hohen Rang, ist also selektiv: Der Kleriker (und mit ihm der Klerus) strebt nach Kaiser-vergleichbarer Macht, die hier aber eine seinem Wirkungsfeld gar nicht angemessene Macht ist. Der Bezugspunkt zu Napoleon ist dessen Status; die Frisur lässt etwas Heroisches auf den Imitator abstrahlen; man könnte von einer Qualitätsübertragung vom Vorbild auf den Imitator sprechen. Die Relation von Kirche zur Herrschaft ist das Thema des Bildes.
(2) Eine zweite Lesart sieht die Beziehung zwischen Imitator und Objekt der Imitation anders. Die Ähnlichkeit mit Napoleon soll eine enge Verbindung mit diesem zum Ausdruck bringen in dem Sinne, dass der Kleriker sich als Napoleonverehrer zeigen möchte. Die Positionierung gegenüber Napoleon Bonaparte war natürlich im zweiten Kaiserreich Napoleons III., in der Zeit, in der Vibert zunächst malte, hoch bedeutsam. Daran wird hier erinnert. Der Kleriker würde in diesem Sinne nach Parteinahme im politischen Konflikt streben. Der Bezugspunkt zu Napoleon ist dessen politische Ausrichtung; die imitatio ist ein Bekenntnis zum Heros des Kaiserreiches. Damit wäre das Verhältnis von Kirche zur Politik als solcher ein Thema des Bildes.
(3) Eine dritte Lesart der imitatio ist weit weniger unmittelbar. Der Kleriker möchte sich so frisieren, wie es eine aktuelle Mode ist. Der Second Empire bezog sich in vielen seiner Stilformen historistisch auf die Zeit der Herrschaft Napoleons. Deren Stil wurde imitiert, doch war dies nicht zwingend mit einer bestimmten politischen Haltung für jeden einzelnen Imitator verbunden. Der Kleriker will in seiner Eitelkeit schick erscheinen. Ob ihm klar ist, dass dieser Chic mit einer politischen Aussage verbunden werden kann oder soll, ist offen. Es geht mehr um die Form als um den Inhalt. Die Eitelkeit des Klerikers würde so thematisiert.
Im Kontext der ironisch-kritischen Perspektive des Malers Jehan-Georges Vibert wird man wohl gleichermaßen Hinweise auf die machtgierige Eitelkeit des Klerikers, auf die Rolle Napoleons I. in der französischen Politik und auf Fragen nach der Machtbalance zwischen Politik und Klerus im Frankreich des späteren 19. Jahrhunderts als wichtige Themen des Gemäldes anzusehen haben. Es ging Vibert ja nicht darum, das Problem einer Frisurimitation zu debattieren. Dem Gemälde liegen deshalb wohl alle drei skizzierten Perspektiven zugrunde.
Nehmen wir aber die gezeigte Praxis für unsere Fragen ernst – und lassen die Brechung zur Seite, welche die Repräsentation dieser Praxis in einem Gemälde gegenüber der Realität dieser Praxis bedeutet –, dann bleibt für solche imitationes heroicae jeweils zunächst zu klären, welcher Form sich die Bezugnahme auf das heroische Modell bedient, welcher visuellen oder sprachlichen Mittel: Frisur, Kleidung, Haltung, Physiognomie, Name, Ortsangaben usw. Sodann steht jeweils zur Debatte, ob die Relation zwischen Objekt und Subjekt unmittelbar oder mittelbar hergestellt wird: Bezieht sich die Imitation direkt auf das Vorbild oder auf etwas, das von diesem Objekt ausgeht oder ausging (beispielsweise eine Mode), aber nicht mehr definitiv seine Qualität darstellt? In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob überhaupt ein konkretes Objekt der Imitation existiert oder ob sich das imitierende Subjekt bestimmte Gegenstände, einen Habitus, eine Kleidung usw. aneignet, die nicht mit einer heroischen Figur, sondern mit dem Heroischen als solchem verbunden sind. Es ist für beide Fragen zudem zu prüfen, wie dies anhand eines Repräsentationsbildes überhaupt zu entscheiden ist, oder ob Offenheit in dieser Hinsicht grundlegender Teil solcher Imitationsrepräsentationen ist. Sodann kommt die Semantik des Phänomens ins Spiel: Auf welche Züge der imitierten Figur/Person bezieht sich die Imitatio als Qualitätszuschreibung: auf politischen Status, Beruf, soziale Rolle, äußere Wirkung, auf Qualitäten persönlicher oder struktureller Art? Wie viel davon und was überträgt die Imitation vom Objekt der Angleichung auf den Imitierenden? Und welcher Bezug zum Imitator wird dadurch hergestellt: Anhängerschaft, Identität, Nähe? Schließlich bleibt auch anhand von Viberts Gemälde zu fragen, welche Neufiguration das heroische Modell selbst, dort also Napoleon, durch Imitationen erfährt.
6. Forschungsperspektiven
Für zukünftige Analysen der imitatio heroica ergeben sich neben der grundsätzlichen Notwendigkeit, die Formalia der jeweiligen imitatio zu beschreiben, folgende Problemstellungen und Leitfragen, insbesondere im Blick auf longue durée und Transformationen der Praxis der imitatio heroica: Begriffe wie ‚theomorphes‘ bzw. ‚heromorphes Bildnis‘, aber auch – in bestimmten Fällen – ‚allegorisches Bildnis‘ sind in der Lage, die formale Seite des Phänomens imitatio heroica neutral und deskriptiv zu bezeichnen. Die in der Forschung darüber hinaus verwendete, relativ vielfältige Begrifflichkeit macht gleichwohl deutlich, dass es vor allem der weiteren Differenzierung unterschiedlicher Funktionen und Semantiken solcher Angleichungsvorgänge bedarf. Bisher werden dabei aber vielfach formale und semantische Aspekte unhinterfragt vermischt. Sie bedürfen indes einer eingehenden Analyse, die zunächst die oben genannten formalen Qualitäten der imitatio aufzeigt und erst anschließend ihre Semantik und sozialen und politischen Funktionen zu ermitteln sucht.
Jenseits der konkreten formalen Bezüge zwischen Zielfigur und Ausgangsfigur ist es vor allem (aber nicht nur) in bildlichen Darstellungen jeweils fraglich, ob die Referenzsetzung unmittelbar, das heißt im direkten Bezug auf die Ausgangsfigur, oder mittelbar, das heißt vermittelt über andere Figuren, Handlungsmuster oder Bedeutungen beispielsweise als Modephänomene erreicht wird. Auch die Frage nach heroischen Konnotationen bestimmter Handlungsmuster (und nicht Figuren), oder auch bestimmter Darstellungsformen oder -stile stellt sich. Die Unterscheidung mittelbarer von unmittelbaren Bezugnahmen kann vielfach im Bild und Text unter Umständen gerade offen gelassen werden. Die imitatio heroica erweist schon darin ihr Potenzial als ambivalente, multiperspektivische Ausdrucksform. Dennoch ist es wichtig, wie explizit und heraushebend des Heroische jeweils überhaupt noch verstanden oder wie implizit es als ‚Floskel‘, Bildungsgut oder Mode bereits im kulturellen Haushalt verankert ist und so seinen heraushebenden Charakter unter Umständen zu verlieren droht. Über die imitatio heroica kann man sich so dem Phänomen der Veralltäglichung heroischer Formeln und Handlungsmuster annähern.
Infrage steht zudem der Charakter der durch die imitatio deutlich gemachten heraushebenden Verbindung der Zielfigur mit heroischen Modellen: Im Sinne von Hans Blumenbergs Präfiguration ist die Behauptung des Helden als Vorläufer (Präfigurat), des Imitierenden als seines Wiedergängers von Bedeutung. Soll die Imitation aber tatsächlich Identität zwischen beiden oder nur mehr Anhängerschaft anzeigen, handlungsleitende Nachfolge oder sogar potenzielle Überbietung (aemulatio, superatio)?30Vgl. Green, Peter: „Caesar and Alexander. Aemulatio, imitatio, comparatio“. In: American Journal of Ancient History 3 (1978), 1-26; Bauer, B.: „Aemulatio“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 1. Tübingen 1992: Niemeyer, Sp. 141-187; Döpp, Sigmar (Hg.): Aemulatio. Literarischer Wettstreit mit den Griechen in Zeugnissen des ersten bis fünften Jahrhunderts. Göttingen 2001: Duehrkohp und Radicke; Pochat, Götz: „Imitatio und Superatio in der bildenden Kunst“. In: Naredi-Rainer, Paul (Hg.): Imitatio. Von der Produktivität künstlerischer Anspielungen und Mißverständnisse. Berlin 2001: Reimer, 11-47; Müller, Jan-Dirk et al. (Hg.): Aemulatio. Kulturen des Wettstreits in Text und Bild (1450–1620). Berlin 2011: de Gruyter. Soll sie zum konkreten Vergleich (comparatio) Anlass geben, Tugend- oder Qualitätsanalogien anzeigen oder nur eine allgemeine Nähe zum Heroischen zum Ausdruck bringen bzw. dem bloßen heroischen Dekor der Zielfiguren dienen – oder ist gerade die mangelnde Präzision auch in dieser Hinsicht bedeutsam? Wie lassen sich aber solche unterschiedlichen Verbindungsabsichten überhaupt unterscheiden? Es stellt sich auch die Frage nach dem grundsätzlich differenten Charakter der Verbindungen mit Heroen und vor allem Göttern bzw. Gott als Ausgangsfiguren im Unterschied zwischen polytheistischen antiken und nachantiken monotheistischen bzw. christlich geprägten Kulturen.
Für jede imitatio heroica ist zu fragen, auf welcher Ebene sie ‚glaubwürdig‘ und plausibel ist. Kann man einen Kaiser als Herkules sehen, sieht man ihn als herkulesähnlich, oder ist das nur eine rhetorische Aussage, vielleicht gar eine prestigeträchtige Floskel? Und ist dies jeweils in der polytheistischen Antike nicht etwas anderes als in späterer Zeit? Weshalb können bestimmte Angleichungen zu bestimmten Zeiten oder im Hinblick auf bestimmte Personen oder Medien unglaubwürdig oder besonders beliebt werden? Dem kann man sich nur im Konnex mit der Frage nach dem intendierten Charakter der Verbindung zwischen Modell und Zielfigur annähern.
Die Frage, ob in bestimmten Medien oder Epochen jeweils stärker die Heroisierung der Zielfigur oder die ‚Präsentmachung‘ der Ausgangsfigur erreicht wird, Präfiguration oder imitatio im Vordergrund steht, ist offen. Oder liegt das Potenzial gerade darin, dass beides zugleich erreicht oder überblendet wird?
Wir denken bei Imitationen in der Regel zuerst an Ähnlichkeitsrelationen und fragen, was die imitierende und die imitierte Figur verbindet. Zu sehr vernachlässigen wir dabei bisweilen, was beide unterscheidet. Indem die imitatio heroica immer selektiv arbeitet, schließt sie jeweils unvorteilhafte Qualitäten oder Praktiken der Ausgangsfigur von der Übertragung auf die Zielfigur aus, ohne dass dies begrifflich oder im Bild explizit gemacht wird: Keine Herkulesimitation meint auch die Tötung der eigenen Kinder, die Herkules im antiken Mythos zugeschrieben wird – eine völlige Identität der Figuren ist nicht beabsichtigt. Man wird also nicht nur nach Nähe- und Differenzgraden in der Verbindung zwischen Objekt und Subjekt der Imitation fragen, nach der Relation von Teilzitaten zur Gesamtheit der dargestellten Figur, sondern auch nach den Kriterien zur ‚richtigen‘ Lesart der imitatio beispielsweise auf der Grundlage von sozialem Stand, Bildung oder Traditionskenntnis. Dies gilt vor allem für Imitationsphänomene im Rahmen der Antikerezeption, aber auch für eher elitäre Bildungstraditionen. Wie lange und inwieweit blieb dies immer ein Elite- und damit ein Distinktionsphänomen?
Um die unterdeterminierten und relativ offenen Semantiken der imitatio heroica zu verstehen, ist es vor allem notwendig, nach den Kontexten zu fragen, in denen Heldenangleichungen zur Verwendung kommen. Dies gilt sowohl in medialer wie in sozialer und politischer Hinsicht. Es gilt zudem im Blick auf die Adressaten und vor allem im Hinblick auf die Akteure der imitatio, denn Selbstheroisierungen und Fremdheroisierungen sind zu unterscheiden. Welche sozialen Gruppen bedienten sich ihrer zu welcher Zeit, wer wurde damit überhaupt erreicht? Dürer im Selbstbildnis ‚als‘ Herkules ist nicht dasselbe wie der römische Princeps ‚als‘ Herkules in einem Geschenk an den Kaiser selbst, und dies ist in einem höfischen Bildwerk etwas anderes als in einem Druckerzeugnis. In solcher Differenzierung erst lässt sich klären, welche Funktionen der imitatio heroica zukamen, ob sie auch sozialen oder politischen Abgrenzungs- oder Nivellierungsprozessen diente. So ist die besondere Attraktivität heroischer Muster in sozial gehobenen Schichten zumindest bis ins frühe 19. Jahrhundert auffällig.
In der longue durée ist zudem nach Konjunkturen und Transformationen nicht nur der Ziel-, sondern auch der Ausgangsfiguren der imitatio heroica zu fragen. Das langfristig genutzte Arsenal von (vielfach antiken) Figuren scheint hier relativ klein zu sein, und es stellt sich die Frage, warum (und wie) beispielsweise die Vieldeutigkeit gerade antiker Figuren in der Selektion ihrer je relevanten Qualitäten in Eindeutigkeiten überführt werden konnte, wie sich diese – auch in christlich geprägten Kontexten – verschieben, welche andere Rolle dann christliche Helden spielen können. Warum bleibt gerade Herkules, die in der Antike am stärksten zwischen Gott, Heros und Mensch changierende Figur, so langfristig und auch über religiöse und politische Revolutionen hinweg zumindest im europäischen Kontext so bedeutsam?31Vgl. Vollkommer, Rainer: „Herakles. Die Geburt eines Vorbildes und sein Fortbestehen bis in die Neuzeit“. In: Idea. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle 6, 1987, 7-29; Kray, Ralph / Ottermann, Stephan (Hg.): Herakles / Herkules, 2 Bde. Basel 1994; Polleroß, Friedrich: „From the ‚exemplum virtutis‘ to the Apotheosis. Hercules as an Identification Figure in Portraiture. An Example of the Adoption of Classical Forms of Representation“. In: Ellenius, Allan (Hg.): Iconography, Propaganda, and Legitimation. Oxford 1998: Clarendon, 37-62. Online unter: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2010/1367 (Zugriff am 25. August 2014).
Mit diesen Bemerkungen und Fragen sind Aufgaben für die zukünftige Erforschung von Phänomenen der imitatio heroica in unterschiedlichen Epochen und Medien aufgezeigt. Sie können als erste Schritte auf dem Weg zu einem systematischen Verständnis dieses langlebigen kulturellen und dabei vor allem visuellen und performativen Phänomens verstanden werden.
7. Einzelnachweise
- 1Der vorliegende Artikel basiert auf dem Beitrag von den Hoff, Ralf / Schreurs-Morét, Anna / Posselt-Kuhli, Christina / Hubert, Hans W. / Heinzer, Felix: „Imitatio heroica – Zur Reichweite eines kulturellen Phänomens“. In: von den Hoff, Ralf / Heinzer, Felix / Hubert, Hans W. / Schreurs-Morét, Anna (Hg.): Imitatio heroica. Heldenangleichung im Bildnis. Würzburg 2015: Ergon, 9-33.
- 2Buschor, Ernst: Das Porträt. München 1966: Piper, 7; Fittschen, Klaus (Hg.): Griechische Porträts. Darmstadt 1988: WBG, 4; Brilliant, Richard: Portraiture. London 1991: Reaktion Books, 8; vgl. auch Preimersberger, Rudolf et al. (Hg.): Porträt. Berlin 1999: Reimer, 17-21. – Auf die vielfältigen literarischen und anderen medielan Formen der imitatio heroica kann deshalb hier nicht eingegangen werden; vgl. für die Antike nur: Currie, Bruno: Pindar and the Cult of Heroes. Oxford 2005: Oxford University Press; sowie die folgende Anmerkung.
- 3Naumann, Michael: Der Strukturwandel des Heroismus. Vom sakralen zum revolutionären Heldentum. Königstein 1984: Athenaeum, 41-42, 70, 76; Behrenbeck, Sabine: Der Kult um die toten Helden. Nationalsozialistische Mythen, Riten und Symbole 1923 bis 1945. Vierow 1996: SH-Verlag; Borchmeyer, Dieter: Renaissance und Instrumentalisierung des Mythos Richard Wagner und die Folgen. In: Friedländer, Saul / Rüsen, Jörn (Hg.): Richard Wagner im Dritten Reich. Ein Schloss Elmau-Symposion. München 2000: Beck, 59-91, hier 59; Satjukow, Silke: Sozialistische Helden. Eine Kulturgeschichte von Propagandafiguren in Osteuropa und der DDR. Berlin 2002: Links, 42; Schilling, René: „Kriegshelden“. Deutungsmuster heroischer Männlichkeit in Deutschland 1813–1945. Paderborn 2002: Schöningh, 101, 121; Telesko, Werner: Erlösermythen in Kunst und Politik zwischen christlicher Tradition und Moderne. Wien 2004: Böhlau, 148; Marwyck, Mareen van: Gewalt und Anmut. Weiblicher Heroismus in der Literatur und Ästhetik um 1800. Bielefeld 2010: Transcript, 265; Esposito, Fernando: Mythische Moderne. Aviatik, Faschismus und die Sehnsucht nach Ordnung in Deutschland und Italien. München 2011: Oldenbourg, 206; Weinrich, Arndt: Der Weltkrieg als Erzieher. Jugend zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus. Essen 2012: Klartext, 197. Der Begriff ,heroic imitation‘ ist im Englischen indes durchaus geläufig.
- 4Chapeaurouge, Donat de: „Theomorphe Porträts der Neuzeit“. In: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Zeitgeschichte 42 (1968), 262-302; Bergmann, Marianne: Die Strahlen der Herrscher. Mainz 1998: von Zabern, 18.
- 5Wind, Edgar: „Studies in Allegorical Portraiture“. In: Journal of the Warburg Institute 1 (1937/38), 138-162; Wind, Edgar: Hume and the Heroic Portrait. Studies in Eighteenth-Century Imagery. Oxford 1986: Clarendon; Walbe, Brigitte: Studien zur Entwicklung des allegorischen Porträts in Frankreich von seinen Anfängen bis zur Regierungszeit König Heinrichs II. Frankfurt am Main, Univ. Diss., 1974.
- 6Kiss, Imola: „Considérations sur le portrait historié“. In: Elsig, Frédéric et al. (Hg.): „Les genres picturaux“. Genève 2010, 103-134, hier 103-104; Polleroß, Friedrich: Das sakrale Identifikationsporträt. Worms 1988: Wernersche Verlagsgesellschaft, 1-2. Vgl. die Verwendung des Begriffs schon um 1700: Ahrens, Kirsten: Hyacinthe Rigauds Staatsporträt Ludwigs XIV. Typologische und ikonologische Untersuchung zur politischen Aussage des Bildnisses von 1701. Worms 1990: Werner, 15.
- 7Dies vor allem für die Antike als ‚statuarisches Idealporträt‘, wobei der Bezug auf das Medium Statue für das Phänomen selbst irrelevant ist, da es ebenso in gemalter Form oder in Büsten auftaucht, vgl. Niemeyer, Hans Georg: Studien zur statuarischen Darstellung der römischen Kaiser. Berlin 1968: Mann, 11, 54-55; Maderna, Caterina: Iuppiter, Diomedes und Merkur als Vorbilder für römische Bildnisstatuen. Untersuchungen zum römischen statuarischen Idealporträt. Heidelberg 1988: Verlag Archäologie und Geschichte, 15-16.
- 8Vgl. zu einem differenzierteren Begriff des Ideals aber Hölscher, Tonio: Ideal und Wirklichkeit in den Bildnissen Alexanders des Großen. Heidelberg 1971: Winter.
- 9Wrede, Henning: Consecratio in formam deorum. Vergöttlichte Privatpersonen in der römischen Kaiserzeit. Mainz 1981: von Zabern, besonders 1-9.
- 10Polleroß, Friedrich: „Die Anfänge des Identifikationsporträts im höfischen und städtischen Bereich“. In: Frühneuzeit-Info 4 (1993), 17-36, hier 17; Walbe: Studien zur Entwicklung des allegorischen Porträts in Frankreich, 1974, 95; vgl. Telesko, Werner: Geschichtsraum Österreich. Die Habsburger und ihre Geschichte in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts. Wien 2006: Böhlau, 80-83.
- 11Ladner, Gerhart: „Die Anfänge des Kryptoporträts“. In: Deuchler, Florens et al. (Hg.): „Von Angesicht zu Angesicht. Porträtstudien“. Bern 1983: Stämpfli 78-97; Polleroß: Das sakrale Identifikationsporträt, 1988, 6. Zur Antike siehe Preisshofen, Friedrich: „Phidias-Daedalus auf dem Schild der Athena Parthenos? Ampelius 8, 10“. In: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 89 (1974), 50-69.
- 12Blumenberg, Hans: Präfiguration. Arbeit am politischen Mythos. Berlin 2014: Suhrkamp. Vgl. ausführlicher Abschnitt 4 „Imitatio und Präfiguration“.
- 13Kaminski, Nicola: „Imitatio“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 4. Tübingen 1998: Niemeyer, Sp. 235-285. Vgl. auch Rombach, Ursula (Hg.): „Imitatio“ als Transformation. Theorie und Praxis der Antikennachahmung in der Frühen Neuzeit. Petersberg 2012: Imhof. Siehe jetzt: Conte, Gian Biagio: Stealing the Club from Hercules. On Imitation in Latin Poetry. Berlin 2017: de Gruyter.
- 14Vgl. Jørgensen, Sven-Aage: „Nachahmung der Natur“. In: Ritter, Joachim / Gründer, Karlfried, (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 6. Basel 1984: Schwabe, 337-341; Petersen, Jürgen H.: Mimesis – Imitatio – Nachahmung. Eine Geschichte der europäischen Poetik. München 2000: Fink.
- 15Rentiis, Dina de: „Imitatio morum“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 4. Tübingen 1998: Niemeyer, Sp. 285-303.
- 16Vgl. Crouzel, Henri: „L’imitation et la ‚suite‘ de Dieu et du Christ dans les premiers siècles chrétiens ainsi que leurs sources gréco-romaines et hébraïques“. In: Jahrbuch für Antike und Christentum 21 (1978), 7-41; Rentiis, Dina de: Die Zeit der Nachfolge. Zur Interdependenz von ‚imitatio Christi‘ und ‚imitatio auctorum‘ im 12. bis 16. Jh. Tübingen 1996: Niemeyer; Crouzel, Henri / Mühlenkamp, Christina: „Nachahmung (Gottes)“. In: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 25. Stuttgart 2013: Hiersemann, Sp. 525-565, zur christlichen Tradition besonders Sp. 541-563; sowie jetzt Taveirne, Maarten: „Das Martyrium als imitatio Christi. Die literarische Gestaltung der spätantiken Martyrerakten und -passionen nach der Passion Christi“. In: Zeitschrift für Antikes Christentum 18 (2014), 167-203 mit weiteren Verweisen.
- 17So in Ambrosius’ Hexameron 6, 7, 43 (C. Schenkl (Hg.), Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, Bd. 32, 1. Wien 1896, 234; vgl. auch Siebigs, Gereon: Kaiser Leo I. Das oströmische Reich in den ersten drei Jahren seiner Regierung (457–460 n. Chr.). Berlin 2010: de Gruyter, 395, Anm. 119 (Hinweise P. Eich).
- 18Blumenberg, Hans: Arbeit am Mythos. Frankfurt am Main 1979: Suhrkamp, 504-566 (Hinweis A. Aurnhammer).
- 19Blumenberg: Präfiguration, 2014, 9, 11.
- 20Blumenberg: Präfiguration, 2014, 11.
- 21Blumenberg: Präfiguration, 2014, 15.
- 22Blumenberg: Präfiguration, 2014, 1, 17.
- 23Blumenberg: Präfiguration, 2014, 10.
- 24Blumenberg: Präfiguration, 2014, 14, 15, 9.
- 25Vgl. dazu Langbein, Birte: „Die instrumentelle und die symbolische Dimension der Institutionen bei Arnold Gehlen“. In: Göhler, Gerhard (Hg.): Institution – Macht – Repräsentation. Wofür politische Institutionen stehen und wie sie wirken. Baden-Baden 1997: Nomos, 143-176, hier 158, 161-163; Soeffner, Hans-Georg: Auslegung des Alltags – Der Alltag der Auslegung. Zur wissenssoziologischen Konzeption einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik. Konstanz 2004: UVK, 163; sowie im Rahmen des Forschungskonzepts des SFB 948: von den Hoff, Ralf et al.: Helden – Heroisierungen – Heroismen. Transformationen und Konjunkturen von der Antike bis zur Moderne. Konzeptionelle Ausgangspunkte des Sonderforschungsbereichs 948. In: helden. heroes. héros. E-Journal zu Kulturen des Heroischen 1.1, 2013, 7-14, hier 10. DOI: 10.6094/helden.heroes.heros./2013/01/03; Asch, Roland G.: „Heros, Friedensstifter oder Märtyrer? Optionen und Grenzen heroischen Herrschertums in England, ca. 1603–1660“. In: Wrede, Martin (Hg.): Die Inszenierung der heroischen Monarchie. Frühneuzeitliches Königtum zwischen ritterlichem Erbe und militärischer Herausforderung. München 2014: Oldenbourg, 196-215, hier 200-202.
- 26Zu Vibert, Jehan Georges vgl. Morton, F. W.: „An Appreciation of Jehan Georges Vibert“. In: Brush and Pencil 10 (1902), 321-329; Bénézit, E.: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs, Bd. 8. Paris 1955: Gründ, 553-554; sowie als Selbstzeugnisse: Vibert, Jehan Georges: „Autobiography“. In: The Century Magazine (1895), 78-81 und die dort 1896 folgenden Beiträge zu seinen Bildern.
- 27Öl auf Leinwand, 45 × 35 cm: 19th Century European Painting, Sotheby – Parke-Bernett Auction Catalogue, New York, 4 June 1975, Nr. 202; Brilliant, Portraiture, 83-95, Abb. 33; Pollini, J.: Rezension zu: Boschung, Dietrich: „Die Bildnisse des Augustus“. Berlin 1993. In: The Art Bulletin 81 (1999), 723-733, Abb. 14. Der gegenwärtige Aufbewahrungsort des Gemäldes ließ sich nicht ermitteln.
- 28Zu Heroisierungen Napoleons vgl.: Marquart, Benjamin: „Held und Nation. Französische Napoleon-Biografien zwischen Restauration und zweitem Kaiserreich“. In: helden. heroes. héros. E-Journal zu Kulturen des Heroischen 1.1, 2013, 15-26, DOI: 10.6094/helden.heroes.heros./2013/01/04.
- 29Ménager, Bernard: Les Napoléon du peuple. Paris 1988: Aubier; Kopp, Pierre-Guillaume: Die Bonapartes. Französische Cäsaren in Politik und Kunst. München 2013: Fink. (Hinweise B. Marquart.)
- 30Vgl. Green, Peter: „Caesar and Alexander. Aemulatio, imitatio, comparatio“. In: American Journal of Ancient History 3 (1978), 1-26; Bauer, B.: „Aemulatio“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 1. Tübingen 1992: Niemeyer, Sp. 141-187; Döpp, Sigmar (Hg.): Aemulatio. Literarischer Wettstreit mit den Griechen in Zeugnissen des ersten bis fünften Jahrhunderts. Göttingen 2001: Duehrkohp und Radicke; Pochat, Götz: „Imitatio und Superatio in der bildenden Kunst“. In: Naredi-Rainer, Paul (Hg.): Imitatio. Von der Produktivität künstlerischer Anspielungen und Mißverständnisse. Berlin 2001: Reimer, 11-47; Müller, Jan-Dirk et al. (Hg.): Aemulatio. Kulturen des Wettstreits in Text und Bild (1450–1620). Berlin 2011: de Gruyter.
- 31Vgl. Vollkommer, Rainer: „Herakles. Die Geburt eines Vorbildes und sein Fortbestehen bis in die Neuzeit“. In: Idea. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle 6, 1987, 7-29; Kray, Ralph / Ottermann, Stephan (Hg.): Herakles / Herkules, 2 Bde. Basel 1994; Polleroß, Friedrich: „From the ‚exemplum virtutis‘ to the Apotheosis. Hercules as an Identification Figure in Portraiture. An Example of the Adoption of Classical Forms of Representation“. In: Ellenius, Allan (Hg.): Iconography, Propaganda, and Legitimation. Oxford 1998: Clarendon, 37-62. Online unter: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2010/1367 (Zugriff am 25. August 2014).
8. Ausgewählte Literatur
- Bauer, B.: „Aemulatio“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 1. Tübingen 1992: Niemeyer, Sp. 141-187.
- Bergmann, Marianne: Die Strahlen der Herrscher. Theomorphes Herrscherbild und politische Symbolik im Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit. Mainz 1998: von Zabern.
- Blumenberg, Hans: Arbeit am Mythos. Frankfurt a. M. 1979: Suhrkamp, besonders 504-566.
- Blumenberg, Hans: Präfiguration. Arbeit am politischen Mythos. Frankfurt a. M. 2014: Suhrkamp.
- Crouzel, Henri: „L’imitation et la ‚suite‘ de Dieu et du Christ dans les premiers siècles chrétiens ainsi que leurs sources gréco-romaines et hébraïques“. In: Jahrbuch für Antike und Christentum 21 (1978), 7-41.
- Conte, Gian Biagio: Stealing the Club from Hercules. On Imitation in Latin Poetry. Berlin 2017: de Gruyter.
- Crouzel, Henri / Mühlenkamp, Christina. „Nachahmung (Gottes)“. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band 25. Stuttgart 2013: Anton Hiersemann, Sp. 525-565.
- de Chapeaurouge, Donat: „Theomorphe Porträts der Neuzeit“. In: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Zeitgeschichte 42 (1968), 262-302.
- de Rentiis, Dina: Die Zeit der Nachfolge. Zur Interdependenz von ‚imitatio Christi‘ und ‚imitatio auctorum‘ im 12. bis 16. Jh. Tübingen 1996: Niemeyer.
- de Rentiis, Dina: „Imitatio morum“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 4. Tübingen 1998: Niemeyer, Sp. 285-303.
- Döpp, Sigmar (Hg.): Aemulatio. Literarischer Wettstreit mit den Griechen in Zeugnissen des ersten bis fünften Jahrhunderts. Göttingen 2001: Duehrkohp und Radicke.
- Green, Peter: „Caesar and Alexander. Aemulatio, imitatio, comparatio“. In: American Journal of Ancient History 3 (1978), 1-26.
- Jørgensen, Sven-Aage: „Nachahmung der Natur“. In: Ritter, Joachim / Gründer, Karlfried (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 6. Basel 1984: Schwabe, 337-341.
- Kaminski, Nicola: „Imitatio“. In: Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 4. Tübingen 1998: Niemeyer, Sp. 235-285.
- Maderna, Caterina: Iuppiter, Diomedes und Merkur als Vorbilder für römische Bildnisstatuen. Untersuchungen zum römischen statuarischen Idealporträt. Heidelberg 1988: Verlag Archäologie und Geschichte, 15-16.
- Maderna, Caterina: „Auf ewig Held? Zu Porträtdarstellungen in der römischen Sarkophagplastik“. In: von den Hoff, Ralf / Heinzer, Felix / Hubert, Hans W. / Schreurs-Morét, Anna (Hg.): Imitatio heroica. Heldenangleichung im Bildnis. Würzburg 2015: Ergon, 99-118.
- Müller, Jan-Dirk et al. (Hg.): Aemulatio. Kulturen des Wettstreits in Text und Bild (1450–1620). Berlin 2011: de Gruyter.
- Naumann, Michael: Der Strukturwandel des Heroismus. Vom sakralen zum revolutionären Heldentum. Königstein 1984: Athenaeum.
- Petersen, Jürgen H.: Mimesis – Imitatio – Nachahmung. Eine Geschichte der europäischen Poetik. München 2000: Fink.
- Pochat, Götz: „Imitatio und Superatio in der bildenden Kunst“. In: Naredi-Rainer, Paul (Hg.): Imitatio. Von der Produktivität künstlerischer Anspielungen und Mißverständnisse. Berlin 2001: Reimer, 11-47.
- Polleroß, Friedrich: Das sakrale Identifikationsporträt. Ein höfischer Bildtypus vom 13. bis zum 20. Jahrhundert. Worms 1988: Wernersche Verlagsgesellschaft, 1-2.
- Polleroß, Friedrich: „Die Anfänge des Identifikationsporträts im höfischen und städtischen Bereich“. In: Frühneuzeit-Info 4 (1993), 17-36.
- Posselt-Kuhli, Christina: „Ars et maiestas – Formen der imitatio heroica im barocken Herrscherbildnis“. In: von den Hoff, Ralf / Heinzer, Felix / Hubert, Hans W. / Schreurs-Morét, Anna (Hg.): Imitatio heroica. Heldenangleichung im Bildnis. Würzburg 2015: Ergon, 155-171.
- Rombach, Ursula (Hg.): Imitatio als Transformation. Theorie und Praxis der Antikennachahmung in der Frühen Neuzeit. Petersberg 2012: Imhof.
- Taveirne, Maarten: „Das Martyrium als imitatio Christi. Die literarische Gestaltung der spätantiken Martyrerakten und -passionen nach der Passion Christi“. In: Zeitschrift für Antikes Christentum 18 (2014), 167-203.
- von den Hoff, Ralf / Heinzer, Felix / Hubert, Hans W. / Schreurs-Morét, Anna (Hg.): Imitatio heroica. Heldenangleichung im Bildnis. Würzburg 2015: Ergon.
- von den Hoff, Ralf / Schreurs-Morét, Anna / Posselt-Kuhli, Christina / Hubert, Hans W. / Heinzer, Felix: „Imitatio heroica – Zur Reichweite eines kulturellen Phänomens“. In: von den Hoff, Ralf / Heinzer, Felix / Hubert, Hans W. / Schreurs-Morét, Anna (Hg.): Imitatio heroica. Heldenangleichung im Bildnis. Würzburg 2015: Ergon, 9-33.
- Walbe, Brigitte: Studien zur Entwicklung des allegorischen Porträts in Frankreich von seinen Anfängen bis zur Regierungszeit König Heinrichs II. Frankfurt a. M., Univ. Diss., 1974.
- Wind, Edgar: „Studies in Allegorical Portraiture“. In: Journal of the Warburg Institute 1 (1937/38), 138-162.
- Wind, Edgar: Hume and the Heroic Portrait. Studies in Eighteenth-Century Imagery. Oxford 1986: Clarendon.
- Wrede, Henning: Consecratio in formam deorum. Vergöttlichte Privatpersonen in der römischen Kaiserzeit. Mainz 1981: von Zabern.
9. Abbildungsnachweise
- Jehan-Georges Vibert: „Im Bild des Kaisers“, Öl auf Leinwand, Ende 19. Jahrhundert, Aufbewahrungsort unbekannt.Quelle: publiziert in Richard Brilliant: Portraiture. London 1991, 84, Abb. 33.Lizenz: Gemeinfrei / Zitat nach §51 UrhG
- 1Jehan-Georges Vibert: „Im Bild des Kaisers“, Öl auf Leinwand, Ende 19. Jahrhundert, Aufbewahrungsort unbekannt.Quelle: publiziert in Richard Brilliant: Portraiture. London 1991, 84, Abb. 33.Lizenz: Gemeinfrei / Zitat nach §51 UrhG